Der Deutsche Wetterdienst meldet täglich neue Rekordwerte. In ganz Deutschland sind seit Anfang Juli für viele Orte schon mehrfach neue Tages- und Nachtrekordtempera-turwerte gemeldet worden. Ein netter Ausgleich für den seit vielen Jahren ersten richtigen langen Winter, den wir zum Anfang des Jahres erleben durften. Wobei: jedem das Seine! Sowohl für schwüle Hitze, als auch für klirrende Kälte gibt es Liebhaber. Ich gehöre zu ersteren. Doch beide Extreme sind bei uns zeitlich und räumlich begrenzte Ereignisse. Für das globale Klima haben sie alleinstehend keine Bedeutung, auch wenn es uns das immer wieder in Boulevardmeldungen suggeriert wird. Doch dabei werden Äpfel mit Birnen verglichen.
Tropennächte
Während es bei uns sehr heiß ist, gibt es in Europa kaum einen Ort, der unsere Extremwerte nahe 40°C erreicht. In allen Hauptstädten außer Madrid war es die Tage rund ums Mittelmeer nicht so heiß, wie mitten in Deutschland. Selbst in Bangkok und in Miami meldeten die Messtationen keine höheren Werte. Und auch in der Schweiz lässt die gegenwärtige Hitzewelle die Temperaturrekorde purzeln. Am Sonntag meldete der Deutsche Wetterdienst, dass aufgrund der tropischen Nacht bereits um 9 Uhr im größten Teil Deutschlands die 25-Grad-Marke für einen Sommertag übersprungen wurde.
Auch wenn die Temperaturen an vielen Orten der Welt nicht extrem hoch sind, war die gemittelte globale Durchschnittstemperatur über Land und Mehr bis Mai die wärmste seit Aufzeichnung. Dazu hatten die ersten Monate des Jahres in Europa und die USA wenig Anteil, da dort bekanntlich ein richtig kalter langer Winter herrschte. Dafür war es in Grönland, Nord-Skandinavien und Sibirien ungewöhnlich warm. Die spezielle Wetterlage sorgte bei den Olympischen Winterspiele in Vancouver an der Westküste Nordamerikas für den wärmsten Januar seit Aufzeichnung.
Polare Kaltluft
Schuld daran waren die Strömungsverhältnisse vor allem der atlantischen Strömungen, insbesondere eine extrem negative Phase der Atlantischen Oszillation (AO). Deren nördlicher Teil ist dominierende Muster der Luftdruckverhältnisse in unserem Winter. Dieses drückte den Jetstream südwärts, so dass arktische Luftmassen nach Nordamerika, Asien und Europa einfliessen konnten. El Ninjo und eine negative nordatlantische Oszillation (NAO) taten ihr übriges zu dieser den Winter prägenden meteorologischen Gesamtkonstellation. Die negative, blockierte NAO erzeugte ein massives Hochdruckgebiet über Island und Grönland. Gleichzeitig sorgte ein stabiles massive Hochdruckgebiet über Sibirien für polare Kaltluft.
Die Meteorologen weltweit staunten über die tiefsten NAO-Werte seit Beobachtungsbeginn. In ihren Berichte zu diesem Winter finden sich ausführliche Beschreibungen des Phänomens. Einer der besten findet sich auf einer der Seiten der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH Zürich) mit dem Titel „metheo„, auf der Studenten sich dem Ziel verschrieben haben, den aktuellen Wissensstand der Forschung in verständlichen Worten zu erklären.
Natürliche Klimavariabilität
Aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Strömungen erklären sich die zeitlich und räumlich begrenzten Ereignisse innerhalb des weltweiten Wettergeschehens. Kalte Winter oder extreme Hitze bei uns und völlig entgegengesetzes Wetter anderswo existieren nebeneinander und unabhängig von globaler Erwärmung. Sie sind Bestandteil der natürlichen Klimavariabilität. Die Strömungen transportieren lediglich die Wärme resp. Kälte und können im Zusammenspiel auch extreme Ereignisse auslösen. Der Eintrag der Wärme wird durch sie nicht verändert und damit auch nicht die Globaltemperatur durch den Übergang einer Oszillation von einer negativen in eine positive Phase oder umgekehrt .
Hingegen besteht die Möglichkeit, dass die globale Erwärmung bestimmte Strömungseffekte verstärken könnte. Oder aber dass Beeinflussungen anderer Art vork0mmen. El Ninjo soll in diesem Winter im Zusammenspiel mit AO/NAO für die grossen Schneemengen an der Ostküste Nordamerikas gesorgt haben.
Doch all dies ist Wettergeschehen. Weder der kalte Winter noch die aktuelle Hitzewelle ändert etwas am Klimageschehen. Allzu gern werden selbst bei denen, die zwischen Wetter und Klima zu unterscheiden wissen, solche Ereignisse als Beleg für eine Entwicklung genommen. Doch ein paar Monate Wetter, selbst wenn es global gemittelte Temperaturen sind, sind noch kein Klimatrend.
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