Klimaschutz zwischen Finanzkrise und Konjunkturprogrammen

Dieser Titel einer heute beginnenden Tagung zum Klimaschutz in Hessen beschreibt treffend die aktuelle Diskussion des Themas weltweit. Im Vorfeld zum Klimagipfel in Kopenhagen finden seit geraumer Zeit Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art und Ausrichtung statt, mit denen sich die Teilnehmer inhaltlich positionieren. Die Klimaforscher weltweit versuchen Ihre jeweilige spezielle Sichtweise der Öffentlichkeit nahezubringen. Diejenigen die meinen, dass aus der wissenschaftliche Forschung Verantwortung erwächst, wollen Einfluss auf die Entscheidungsträger nehmen. Diejenigen, die meinen, dass Wisssenschaft nur um der Wissenschaft willen betrieben wird, kritisieren diese Position und möchten, dass die Ergebnisse nicht populär und medienwirksam, sondern möglichst nüchtern und unaufgeregt präsentiert werden. Und schließlich wollen auch noch die speziell für die Begründung von Gegenpositionen zum Umweltschutz gegründeten Institute Ihre Vorstellung beachtet wissen. Es gibt also für den interessierten Beobachter viel zu sortieren.

Klimaforscher informieren über aktuellen Stand der Forschung
Die Klimaforscher nutzen die derzeitige erhöhte Aufmerksamkeit, um auf Ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Dabei wird auch der eine oder andere Strauß unter ihnen ausgefochten. Dies ist natürlich für so manche Journalisten von besonderem Interesse. Mit komplexen Klimadaten lässt sich kaum das Interesse des durchschnitllichen Lesers erreichen, aber mit einem Streit allemal.

Unter dem Titel „Das Schwächeln der Sonne“ berichtete der Spiegel jüngst über die Einschätzungen des Meteorologe Mojib Latif vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften und von Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, welche Gründe Sie für die stagnierende Klimaerwärmung der letzten Jahre sehen. In einem Seitenhieb kritisieren die beiden Forscher die “PR-Strategie” des Kollegen Rahmstorf, da er Ihnen zu sehr dramatisiert und dabei auch die Forschungsergebnisse recht unwissenschaftlich und populär darstellt. Diese Kritik ist nicht neu und wird auch von anderen Klimaforschern u.a. von Professor Hans von Storch, Leiter des „Instituts für Küstenforschung“ am GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht geteilt, der mit Herr Marotzke derzeit eine Vortragsreihe am Hamburger Klimacampus organisiert.

Diese beiden erstgenannten halten es laut dem Spiegel-Artikel für richtiger zu “erklären, dass die Temperaturen durch die Treibhausgase nicht von einem Rekord zum anderen eilen, sondern natürlichen Schwankungen unterliegen. [,…] Phasen der Stagnation oder gar Abkühlung ganz normal” sind. Der Autor des Artikels geht dann dieser Frage nach, denn “für das Laienpublikum sind all das verwirrende Botschaften: Warum wird so heftig über den Klimawandel gestritten, obwohl es momentan gar nicht wärmer wird?”

Für die aktuelle Phase der Stagnation gibt es Gründe, über deren Gewichtung die Klimaforscher diskutieren und weiter forschen, ob nun “die verringerte Solaraktivität die wichtigste Ursache für die stagnierende Erwärmung” ist oder aber eher die “Pazifische Dekaden-Oszillation”.

Einig sind sich die Forscher, dass die Temperaturen wieder nach oben gehen werden. Und wenn beispielsweise die Sonnenaktivität hinzukommt, auch stärker als zuvor: “Und das könnte mit einem regelrechten Ruck gehen”, sagt Hadley-Klimatologe Adam Scaife. Denn zu der natürlichen zyklischen Erwärmung käme dann auch noch diejenige durch den vom Menschen gemachten Treibhauseffekt hinzu.

Berliner Konferenz „The Changing Earth“

Zu der Berliner Konferenz vom 02./03. 11. 2009 „The Changing Earth“ – Klima im System Erde gaben Prof. Dr. Karin Lochte, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Hüttl, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ein Thesenpapier zum Stand der Klimaforschung heraus. Hierzu haben diese Forscher Pressemitteilungen und Interviews gegeben.

In diesem Thesenpapier bringen die Vertreter dieser drei Institute, deutlich die Komplexität der Fragestellungen zum Ausdruck und die Problematik des Spannungsfeldes zwischen wissenschaftlichen Anspruch und verantwortungsvollem politischen Handeln:
“Es steht außer Zweifel, dass der Mensch zur Klimaänderung beiträgt. Die Gewissheit jedoch, dass wir im Wesentlichen durch Maßnahmen gegen die Treibhausgasemissionen den Temperaturanstieg auf zwei Grad eingrenzen können, ist aus wissenschaftlicher Sicht eine offene Frage. Das darf uns nicht am Handeln hindern. Das darf uns aber auch nicht daran hindern, den unvollständigen Forschungsstand zu benennen.

Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen sind unumgänglich. Unsere Forschungseinrichtungen untersuchen daher mögliche Strategien zur Minderung der Effekte des Klimawandels auf uns und unsere Umwelt. Dabei geht es auch um regionalspezifische Anpassungskonzepte. Wir wissen aber auch, wie komplex das Klima wirkt. Das System Erde besteht aus einer Vielzahl von Teilsystemen. Das Klima ist eines dieser Teilsysteme, auf das Prozesse in Atmosphäre, Hydrosphäre, Geosphäre, Biosphäre und Anthroposphäre einwirken. Unsere Forschungen geben uns ständig neue und überraschende Einsichten in diese Prozesse und ihre verzweigten Wechselwirkungen.

Ihr Anspruch als Wissenschaftler nie zu behaupten schon alles zu wissen, hat sie dennoch nicht dazu veranlasst, Verantwortung abzulehnen: “Ungeachtet der Tatsache, dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad politisch sinnvoll erscheint, ist die Bedeutung der ‚Zwei-Grad-Grenze‘ in der Dynamik des Klimasystems wissenschaftlich keinesfalls umfassend verstanden. Die Fokussierung auf die ‚Zwei-Grad-Grenze‘ kann eine falsche Sicherheit vorgaukeln, denn tatsächlich mögen ganz andere, auch niedrigere Tipping-Points wichtiger sein. Auf den diesbezüglichen Forschungsbedarf wurde bereits hingewiesen. […] Angesichts der dargestellten Sachlage und in Anbetracht der laufenden Aktivitäten anderer Nationen sehen wir die Notwendigkeit für eine nationale Initiative der Klima- und Klimafolgenforschung sowie der Mitigations- und Adaptationsmaßnahmen, die den System-Charakter des Klimawandels in den Vordergrund stellt.

Diese Aussagen der um größtmögliche Seriösität bemühten Wissenschaftler steht in einem unverkennbar deutlichen Widerspruch zu der Tendenz einer Veranstaltungdes Instituts für Unternehmerische Freiheit, das in Kooperation mit dem Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE), Committee for a Constructive Tomorrow (CFACT), dem Haus der Zukunft, dem Liberalen Institut der Stiftung für die Freiheit und dem Bund Freiheit der Wissenschaft das am 4. Dezember in Berlin eine Klimakonferenz unter dem Titel eine Klimakonferenz unter dem Titel „Update zur Klimaforschung“ veranstaltet.

Die Einladung lässt aber das Gegenteil des Titels erwarten: „Ohne hinreichende Erkenntnisse über den anthropogenen Einfluss auf Klimaveränderungen, die Erfolgsaussichten globaler Klimaschutzabkommen und die wirtschaftlichen Konsequenzen verschiedener Klimaschutzinstrumente sind drastische Klimaschutzmaßnahmen jedoch ein abenteuerliches Unterfangen. Erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass viele der derzeit diskutierten oder bereits praktizierten Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen weder ökonomisch effizient noch wirksam gegen den Klimawandel sind. Die im Vorfeld des Kopenhagener Klimagipfels favorisierten klimapolitischen Maßnahmen weisen nicht darauf hin, dass aus dem bisherigen Dilemma zwischen naturwissenschaftlicher Unsicherheit und klimapolitischem Aktionismus die notwendigen Schlüsse gezogen wurden.“ Kein Wunder, denn als Referenten wird das Who-ist-Who der sogenannten Klimaskeptiker aufgeboten. Auch der 85jährige Fred Singer wird aufgeboten, der in seiner langen Laufbahn die wissenschaftliche Lehrmeinung schon bei einer ganzen Reihe von Themen in Zweifel gezogen hat. Hierfür hat er 1990 das Science and Environmental Policy Project (SEPP) gegründet, das sich selber als unabhängiges Bildungsprojekt für Umweltfragen beschreibt und Sorgen vor Umweltgefahren, wie das Ozonloch oder die Globale Erwärmung als übertrieben darstellt. Er war als Berater für viele große Konzerne u.a.Exxon, Shell, Ford, Sunoco und Lockheed Martin tätig und unterstützte die Tabakindustrie im Kampf gegen Beschränkungen des Rauchens indem er die Gefahren des Passivrauchens bestritt.
Prof. Singer ist aber im Gegensatz einiger anderer Referenten recht flexibel und hat seine Argumente gegen die „übertriebenen Umweltgefahren“ immer wieder an die aktuelle Forschung angenähert, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu sehr einzubüßen.

Er hat im Gegensatz zu vielen anderen sog. Klimaskeptikern frühzeitig den natürlichen Treibhauseffekt als gegeben eingeräumt, allerdings lange bestritten, dass es eine messbare Erwärmung gibt. Mittlerweile geht er sowohl davon aus, dass das durch den Menschen ausgestoßene Kohlenstoffdioxid den Treibhauseffekt verstärkt, als auch die Realität der Erwärmung. Er hält aber nun diesen Effekt für nachrangig gegenüber andern natürlichen Faktoren. Die Erwärmung sei ein unaufhaltbarer, natürlichen Zyklus. Diese Aussage steht allerdings im Widerspruch zu seiner These, dass die globale Erwärmung noch nicht hinreichend verstanden sei. Letztendlich ist aber ein wärmerer Planet sowieso ein Gewinn.

13. Hessisches Klimaschutzforum

Heute und morgen findet in Kassel das 13. Hessische Klimaschutzforum statt. Im Gegensatz zu letztgenanntem Forum der sog. Klimaskeptiker bietet dieses wirkliche viele namhafte Referenten aus Wirtschaft, Forschung und den Ministerien von RWE, E-On, Shell und Fraport bis hin zum Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, dem IFO-Institut und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe. Hessen nimmt sich dieses Themas schon seit langem an, lässt die regionalen Auswirkungen des Klimawandels erforschen und hat eine Nachhaltigkeitsstrategie für Hessen entwickelt.

Die ganz pragmatischen Anpassungstrategien stehen hier im Vordergrund, die Einnzug in das unternehmerische und kommunale Handeln gefunden haben. Dies lässt sich vom der Titel Tagung „Klimaschutz zwischen Finanzkrise und Konjunkturprogrammen“ bis hin zu den einzelnen Referaten in den Foren im Programm nachlesen.

Weitere Informationen zur Klimaforschung der erwähnten Institute:

http://www.sfb754.de/
http://www.klimabuero-polarmeer.de
http://helmholtz-eos.dlr.de
http://www.bik-f.de

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