Unaufgeregte Normalität beim Klimaschutz

MorgenrotKlimaschutz, die Verringerung der Abhängigkeit der Welt von fossilen Brennstoffen und der Ausbau erneuerbarer Energien bleiben auf der Agenda von Wirtschaft, Wissenschaft und nicht zuletzt auf der der Politik ganz oben. Dies wurde bei dem Treffen von Präsident Barack Obama mit den 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zum Abschluss des fünftägigen Gipfelmarathons deutlich. Dass diese Frage gerade und insbesondere angesichts der aktuellen Weltwirtschaftskrise nicht in den Hintergrund treten kann, wird durch die Rede des US-Präsidenten ausdrücklich klargestellt. Aber auch Angela Merkel ist gespannt auf die Zusammenarbeit mit Obama in Sachen Klimaschutz. „Denn der amerikanische Präsident hat deutlich gemacht, dass die Vereinigten Staaten von Amerika hier eine führende Rolle einnehmen werden“ zitiert RP-Online die Kanzlerin. Doch nicht mehr Streit und Aktionismus herrschen mittlerweile bei diesem Thema, sondern Ernsthaftigkeit und Gelassenheit.

Kyoto-Folgeabkommen zum Klimaschutz im Dezember
Noch in diesem Jahr finden die entscheidenden Verhandlungen über das neue Klimaschutzabkommen im Dezember auf einer UN-Konferenz in Kopenhagen statt. Doch es besteht mittlerweile nicht mehr der große Dissenz früherer Jahre. Vielmehr ist in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eine große Selbstverständlichkeit beim Klimaschutz eingekehrt. Wie schon in der Vergangenheit bei vielen anderen Umweltthemen zieht nach eine Phase des Schwankens zwischen Ignorieren, Ablehnung und aufgeregtem Aktionismus nun der pragmatische Alltag ein: Zu Entscheidungen über nachhaltiges Wirtschaften gehört völlig unaufgeregt, wie es sich bei der Reinhaltung von Boden, Wasser und Luft in den letzten Jahrzehnten europaweit als banale Binsenwahrheit entwickelt hat, nunmehr auch die Vermeidung von CO2. Energieeinsparungen, das Steigern der Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien gehören zum selbstverständlichen Repertoire jedes Entscheidungsträgers sei es in einem Unternehmen oder in einer öffentlichen Einrichtung.

Investitionen in eine nachhaltige Entwicklung
Die Unaufgeregtheit tut der Sache gut. Nachhaltige Investitionen, die die Zukunft der Unternehmen sichern und keine kurzfristigen Gewinnmaximierungen stehen jetzt im Vordergrund. Fast tägliche Nachrichten aus der Wirtschaft, die kaum noch als etwas besonders wahrgenommen werden, sind ein beredtes Beispiel hierfür. Von der Großindustrie bis zur Landwirtschaft wird in den Ausbau erneuerbare Energien investiert.
Auch die Financial Times Deutschland hat sich dieses Themas angenommen und seit Mitte letzten Jahres in einer Serie zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz aufgezeigt, dass umweltschonende Technologien und nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen in der Industrie immer wichtiger werden. Die Serie solle einen Überblick über das Potenzial, das „Greentech“ in verschiedensten Wirtschaftssektoren und Querschnittsfunktionen darstellt. Gesucht werden zukunftsweisende Lösungen, die effizient Energie sparen und das Klima schonen.
Bundesweit werden durch Kommunen mit den Mitteln des Konjunkturpakets viele energetische Sanierungen und neue effizentere Heizsysteme, wie BHKWs bezahlt. Auch hier sind Entscheidungen für klimaschonende Maßnahmen geradezu trivial und konfliktfrei.

UN -Auszeichnung für nachhaltiges Handeln der Kirche
Bei all‘ dieser unaufgeregten Normalität, die beim Klimaschutz eingekehrt ist, geht manches unter, was früher noch einer ausführlichen Betrachtung wert gewesen wäre. Aber es mag auch der großen Einigkeit über alle gesellschaftlichen Gruppen geschuldet sein, dass eine UN-Auszeichung an die beiden großen Kirchen, die sie für nachhaltiges Handeln bekommen haben, wenig Beachtung on den Medien fand. Am 2. April haben die Kirchen von der UN eine Auszeichnung für ein Projekt des nachhaltigen Konsums bekommen, mit dem sie ihre Marktmacht für ökofairen Konsum stärker nutzen wollen. Mit dieser Auszeichnung würdigen die Vereinten Nationen diese Aktion der beiden großen Kirchen in Deutschland, die ihr Einkaufsverhalten künftig noch stärker an Umweltschutz und sozialen Kriterien ausrichten wollen. Bundesweit arbeiten die evangelische uud katholische Kirche derzeit noch in 13 Testregionen, sowie in zahlreichen Modelleinrichtungen gemeinsam an der Veränderung des kirchlichen Beschaffungsverhaltens. Die bundesweite Ausweitung des Projekts ist geplant. Ab Juni 2009 soll es in vielen Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Aktionswochen „Zukunft einkaufen” geben. „Wir sollten die geballte Macht, die wir als Kunden haben, nicht unterschätzen”, erklärt dazu Präses Alfred Buß, der leitende Geistliche der Evangelischen Kirche von Westfalen: „Wer einkauft, entscheidet mit, wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden: ob Wälder abgeholzt, ausbeuterische Löhne weiter gezahlt oder das Klima geschützt und Armut gelindert werden kann. Zwar brauchen soziale Gerechtigkeit, der Umwelt- und Klimaschutz bessere Rahmenbedingungen und eine mutigere Politik, die sich über Handlungsblockaden hinwegsetzt. Wichtig sind aber auch aufgeklärte Konsumentinnen und Konsumenten, die mit ihrem Einkaufsverhalten ökologisch und sozialverantwortlich handeln,” zitiert die Evangelische Kirche von Westfalen in einer Pressemitteilung.

Meilenstein im Klimaschutz
Die Vorbereitung der Klimakonferenz im Herbst ist in vollem Gange. Das zehntägige Treffen in Bonn, das am letzten Sonntag begonnen ist die erste von drei geplanten UN-Konferenzen zur Vorbereitung des Weltklimagipfels. Nachdem nunmehr auch die USA mit dabei sind, viele Wirtschaftsunternehmen nicht mehr so massiv gegen die Klimawissenschaftler schießen und in den Grundfragen großer Konsens besteht, ist auch in der Wissenschaft eine größere Gelassenheit eingekehrt.
In zwei Interviews in der Zeit haben aktuell zwei der bekanntesten Klimaforscher zur aktuellen Situation Stellung genommen, aus denen diese Haltung deutlich wird: Das Brüsseler Klima- und Energiepaket ist nicht perfekt, aber durchaus respektabel. In Sachen Reduzierung von Treibhausgasemissionen und vor allem bei den verbindlichen Zielen zum Ausbau der erneuerbaren Energien ist es sogar das Beste, was es weltweit gibt„, so der Potsdamer Forscher Hans Joachim Schellnhuber.
Zwei Wochen zuvor bemerkte Stefan Rahmstorf nach der Tagung der weltweit führenden Klimawissenschaftler in Kopenhagen nüchtern: Als Wissenschaftler verwende ich den schwammigen und emotionalen Begriff ‚Klimakatastrophe‘ selbst nicht. In der Wissenschaft diskutieren wir die Frage nüchterner und konkreter: Wie rasch können wir die globale Erwärmung stoppen? Realistisch möglich ist noch die Begrenzung auf zwei Grad über dem vorindustriellen Temperaturniveau, wie es sich die EU seit vielen Jahren zum Ziel gesetzt hat.“
Dass diese Ziele selbstverständlich für die EU und global weiter auf der Agenda stehen und, wie Professor Schellnhuber es in dem obigen Interview formulierte dass „Nachhaltigkeitspolitik für Frau Merkel kein Potemkinsches Dorf darstellt, welches man nach Bedarf aufbauen und wieder wegräumen kann“, lässt sich am Ende des fünftägigen Gipfelmarathons mit großer Bestimmtheit feststellen.

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