BUND Marburg- Biedenkopf fordert forcierten Ausbau der Windkraft

Am 10. September hat der Kreisverband des BUND folgende Presseerklärung abgegegen:

Mit großer Erleichterung nimmt der Kreisverband Marburg-Biedenkopf des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland die positive Öffnung der SPD-Fraktion der Universitätsstadt Marburg zum Ausbau der Windkraft zur Kenntnis. Diese Entscheidung – gestützt auf die parlamentarische Initiative von Bündnis 90 Die Grünen sowie Die Linke Marburg – war überfällig. Die Wucht der vom Klimawandel ausgelösten Zerstörung unserer Wälder übersteigt alle bisher für denkbar gehaltenen Vorstellungen.

Nach dem überall sichtbaren Absterben der Nadelwälder folgt seit 2018 das massive Absterben der Buche. In den Buchen-Nationalparken Hainich bei Eisenach/Thüringen und Kellerwald am Edersee stirbt die Buche an ganzen Berghängen ab, Wanderwe- ge müssen für die Besucher aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Vor wenigen Tagen präsentiert der Klimatologe Sven Plöger im ARD-Wetterbericht das Luftbild ei- nes abgestorbenen Buchenwaldes im Taunus bei Usingen. Der Leiter des Forstamtes Burgwald lädt die interessierte Öffentlichkeit zu einem Waldbegang ein auf dem Woll- enberg zwischen Lahntal und Wetter. In seiner Einladung schreibt er:  Vor allem in alten Buchenbeständen zeigt sich ein rapide fortschreitendes Absterben .

Angesichts dieser Fakten fordert der BUND die Gegner der Windkraftnutzung in Bür- gerinitiativen und Kommunalparlamenten zur Besinnung und Einsicht auf. Bei der Er- zeugung von Ökostrom muss die Schlagzahl drastisch erhöht werden. Tragende Säu- le kann nur die Windkraft sein, weil die Fotovoltaik jeweils im Zeitraum Mitte Oktober bis Mitte Februar des Folgejahres nur marginale Beiträge zur Stromerzeugung liefern kann.

Beim Ausbau der Windkraft müssen vorzugsweise die Standorte mit dem besten Windkraftpotenzial genutzt werden. Je höher der Stromertrag je Anlage, je weniger Anlagen werden benötigt. Prädestiniert sind die bewaldeten Höhenstandorte unserer Mittelgebirge, die in der historischen Entwicklung weder für die Anlage von Siedlun- gen noch für eine ackerbauliche Nutzung geeignet waren. Dies hat zur logischen Fol- ge, dass in Mittelhessen die Vorrangflächen Windenergie zu 80% im Wald liegen.

Abhängig von den Verhältnissen des Einzelfalls muss je Windkraftanlage eine Fläche um 0,5 ha entsprechend 5000 Quadratmetern in Anspruch genommen werden. Der BUND fordert eine strikte Umsetzung des Hessischen Waldgesetzes, wonach für die gerodete Fläche eine Ersatzaufforstung im Verhältnis 1:1 und damit klimaneutral im Naturraum zu erfolgen hat. Im übrigen gilt: Eine moderne Windkraftanlage hat das Potenzial, das etwa 500 fache an CO2 aus Kohlestrom im deutschen Strommix zu er- setzen im Verhältnis zum Verlust der CO2-Bindung durch die Waldrodung am jeweili- gen Windkraftstandort.

Das genannte Potenzial wird zunehmend ausgeschöpft werden durch den Aufbau von Speicherkapazitäten im Bereich der Elektromobilität . Im Kontext des notwendi- gen Ersatzes von Öl und Gas im Heizungssektor schlägt der BUND ein Pilotprojekt vor in Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken und Gewobau Marburg. In diesem Projekt wird die oberflächennahe Erdwärme aktiviert mit Hilfe der Wärmepumpen- technik. Die gewonnene Heizwärme wird zwischengespeichert in einem Warmwas- ser-Pufferspeicher und von dort aus dem Gebäude-Heizsystem zugeführt. Auf diese Weise erfolgt die entkoppelte Speicherung von volatiler Windenergie nicht in aufwen- digen Batteriespeichern sondern hochwirksam gedämmten Wasserspeichern.

Ein in der Windkraftdiskussion sträflich vernachlässigter Zusammenhang besteht  zum bislang nicht gelösten Problem der Luftbelastung mit Stickoxiden aus Verbren- nungsprozessen jeglicher Art und insbesondere der Kohleverstromung. Diese Stick- oxide stellen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko insbesondere für Säuglinge und ältere Menschen dar. Vielfach werden in größeren Städten die zulässigen Grenzwerte über- schritten mit der Folge notwendiger Einschränkungen für den Individualverkehr und ÖPNV auf Basis fossiler Treibstoffe. Die Windkraftnutzung leistet einen essenziellen Beitrag zur Reduzierung dieser Stickoxidbelastung.

Weiterhin: Seit Jahrzehnten werden die Waldökosysteme in der Bundesrepublik durch Säureeintrag aus dem Luftstickstoff beeinträchtigt bis hin zur Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch chemische Freisetzung giftiger Schwermetalle und de- ren Absickern in das Grundwasser. Als Notmaßnahme müssen die Waldböden regel- mäßig durch Ausbringung von naturbelassenem Magnesiumkalk per Hubschrauber abgepuffert werden. In diesem Kontext hat der  Sachverständigenrat für Umweltfra- gen – SRU  der Bundesregierung in seinem  Sondergutachten Stickstoff 2015  die Reduzierung dieser Stickstoffbelastung ausdrücklich auch durch den Ausbau der Windenergienutzung gefordert. Im Gegensatz zur CO2-Problematik kann diese Entlastung  im nationalen Umfeld voll zum Tragen kommen unabhängig von internationalen Handlungsdefiziten.

Der BUND stellt fest: Wer den beschleunigten Ersatz von fossilen Energieträ- gern durch Ausbau der Windkraftnutzung behindert, befindet sich auf dem Holzweg und leistet der Sache einer noch irgend möglichen Erhaltung naturna- her Wälder einen unverantwortlichen Bärendienst.

Für den BUND Kreisvorstand Marburg Biedenkopf

gez. Heinrich Heintzmann;    gez. Henner Gonnermann

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