Klimawandel stellt Ballungsräume vor große Herausforderungen

Auf dem 5. ExtremWetterKongress diskutieren Wissenschaftler intensiv über die Folgen des Klimawandels für die Ballungsräume in Deutschland. Frank Böttcher, Leiter des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation: „In den Sommermonaten müssen Ballungsräume in Zukunft vermehrt mit Starkregenereignissen rechnen, deren Wassermengen größer sind, als die Kapazitäten der Kanalisation.“ Da ein Großteil der das Klima beeinflussenden Emissionen aus den Ballungsräumen stammt, „tragen“ laut Böttcher „die Städte eine besonders große Verantwortung. Global betrachtet ist das starke Bevölkerungswachstum ein Aspekt, der sowohl die Klimaproblematik als auch die Umweltbelastung im täglichen Leben vor Ort betrifft. Mehr und mehr extreme Ballungsräume, so genannte Mega-Cities, entstehen weltweit. Die Umweltbelastung in diesen Mega-Cities ist enorm hoch, dies zeigt insbesondere die abnehmende Luftqualität. „Wir brauchen neue Methoden und Techniken, um mit diesem Problem umzugehen“, fordert Prof. Guy Brasseur, Direktor Climate Service Center am GKSS-Forschungszentrum Geesthacht. Das Climate Service Center ist neben dem Norddeutschen Klimabüro eine der Einrichtungen mit dem sich die Geesthachter Küstenforscher um die Erforschung der Klimafolgen bemühen.

Derzeit findet im Klimahaus 8° Ost in Bremerhaven der 5. ExtremWetterKongress statt. Er ist mit über 750 Teilnehmern das größte jährliche Treffen für Wissenschaftsredakteure, Meteorologen, Moderatoren, Dienstleister und Wissenschaftler aus Wetter- und Klimaforschung.  Aus aktuellem Anlass gibt es auf dem Kongress auch Vorträge zum extremen Winter 2010 und Orkantief „Xynthia“. Weitere Themen sind Extremwetter auf See und in den Bergen, El Niño und seine globale Wirkung, sowie der Wandel in der Arktis und in den Alpen.  Der Schwerpunkt des diesjährigen ExtremWetterKongresses aber sind die extremen Wetterereignisse in Ballungsräumen und die in Zukunft zu erwartenden Folgen und Veränderungen.

Planer brauchen gute Prognosen

Für Deutschland bedeutet die aktuelle Situation in den Ballungsräumen aus Sicht von Dr. Paul Becker, Mitglied des Vorstands des Deutschen Wetterdienstes (DWD), zusätzlichen Forschungsbedarf: „Sollen die planerischen Entscheidungen von heute auch in 50 Jahren noch sinnvoll sein, müssen künftige Auswirkungen der Klimaveränderung auf städtische Lebensbereiche so detailliert wie möglich simuliert werden.“ Dazu gehören auch verbesserte Wetterprognosen, die extreme und manchmal kleinräumige Wetterereignisse noch besser Vorhersagen. „Kleine Ungenauigkeiten können einen großen Einfluss auf die Prognose haben“, meint Prof. Dr. Wulfmeyer, Leiter des Instituts für Physik und Meteorologie der Universität Hohenheim. Inzwischen kennen die Wissenschaftler jedoch drei Stellschrauben, durch die sich die Computermodelle signifikant verbessern lassen. „Bislang nutze die Vorhersage nur einen Bruchteil der Messdaten, die zur Vorhersage möglich wäre. Gleichzeitig stecken die mathematischen Gleichungen, um Messdaten und Computermodell zu verschmelzen, noch in den Kinderschuhen. Zum dritten sei es notwendig, statt einer einzigen Prognose viele verschiedene Computersimulationen parallel durchzuführen. Durch solche Ensemble-Simulationen“, so die Erwartung von Wulfmeyer, „lässt sich dann einschätzen, wie verlässlich die Prognose ist: Gibt es dagegen stark unterschiedliche Prognosen, ist die Vorhersage unsicher, und es kann sogar sein, dass die Grenze der Vorhersagbarkeit erreicht ist.“
Mit seinen Aussagen stützt sich der Wetter- und Klimaexperte der Universität Hohenheim unter anderem auf die Erfahrungen eines Großforschungsprogramm, bei dem Forscher aus acht Nationen den ganzen Schwarzwald samt oberen Rheintal und Teilen der Vogesen drei Monate lang zu einem gigantischen Beobachtungslabor machten.

Aufgabenstellungen für Städte und Wirtschaft

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung „Energie, Verkehr und Umwelt“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht die Aufgabestellungen für die deutschen Ballungsräume schon heute in der konkreten Umsetzung: „Die Kommunen und Städte haben eine zentrale Aufgabe. Es gibt bereits Kommunen, die sich komplett mit dezentral und klimaschonend erzeugtem Strom und Wärme versorgen und nachhaltige Mobilitätskonzepte aus Eigeninitiative zwischen Bürgern, lokalen Unternehmen und Kommunalpolitikern umsetzen. Ohne die Kommunen und Städte“, so Kemfert, „kann die Wende nicht geschafft werden. Dies sollte noch viel stärker als bisher umgesetzt werden.“. So könnte ihrer Ansicht nach auch die Baubranche zu den Gewinnern des Klimawandels gehören. Prof. Dr. Maximilian Gege, Vorsitzender B.A.U.M. e.V. (Bundesdeutsche Arbeitskreis fuer Umweltbewusstes Management) sieht längst keinen Wiederspruch mehr zwischen Ökonomie und Ökologie. „Immer mehr Unternehmen werden sich der Bedeutung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise bewusst. Längst ist die Frage nicht mehr „ob“, sondern verstärkt „wie“ Klimaschutzlösungen konkret und erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden können.“.

Bildung als Voraussetzung für nachhaltiges Handeln

„Der Mensch selbst, muss dringend Teil der Lösung werden.“, so Böttcher und eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Bildung und das Verständnis um die Zusammenhänge. Dipl.-Met. Sven Plöger fokussiert: „Wir brauchen mehr Klimabildung und weniger Klimaideologie.“ Gleichzeitig sieht auch er Chancen in der Zukunft und fordert mehr Optimismus in der Diskussion: „Wir brauchen einen gesunden Optimismus für die Zukunft – Begriffe wie „Klimakatastrophe“ oder „Klimakiller“ helfen da wenig.“, so Plöger.

Der ExtremWetterKongress geht noch bis zum 6. März 2010.

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