Wenn es nicht so traurig wäre, könnte in dem Handlungsreisenden Ahlborn in Sachen „Energiewende verhindern“ schon etwas von Don Quichote gesehen werden. Mit Halbwahrheiten, lange widerlegten Mythen und in einem Rundumschlag gegen alle grün-links versifften Politiker macht er das Geschäft der Atom- und Kohlelobby und hilft dabei gerne lokalen FDP- und AfD-Politikern hiermit in deren Ablehnung der Erneuerbaren Energien.
Am vergangenen Freitag besuchte er auf Einladung des FDP-Kreisvorsitzenden Marburg-Michelbach. Es lohnt nicht erneut auf alle Argumente von Herrn Ahlborn einzugehen, so oft wie diese schon widerlegt wurden. So wurden sie u.a. in Bürgerenenergieforen des hessischen Energiegipfels wie in Weilmünster Ende 2014 behandelt. In Biebertal wurden vor kurzem seine Thesen zerpflückt und schon 2014 in Nauroth (siehe unten stehenden dokumentierten Leserbrief).
Für ihn sind die Experten des Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik quasi Ökoterroristen und auch die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt liegen mit ihrer 40jährigen Energieforschung natürlich völlig daneben und können seinen Sachverstand nicht beeindrucken.
Das Hessische Wirtschaftsministerium hat hierzu das Faktenpapier „Windkraft – Mythen und Wahrheiten (pdf, 684kB)“ veröffentlicht. Über die die angebenen Quellen sowie weiterführende Links und Lesetipps und im Heft „Windenergie in Hessen – Von den Beschlüssen des Energiegipfels zur konkreten Umsetzung vor Ort (pdf, 1.100kB)“ lassen sich alle Grundlagen von Standortwahl und Netzeinbindung nachvollziehen.
Beispielhaft sei hier noch ein Leserbrief von Markus Mann von 2014, der u.a. im AK-Kurier (Wissen, Landkreis Altenkirchen) veröffentlicht wurde.
„(Des)informationsveranstaltung zum Thema Windkraft in Nauroth“
Wenn das Thema nicht so ernst wäre, hätte der informierte Bürger den Freitag Abend in Nauroth auch für eine Art „Heute-Show“ halten können. Detlef Ahlborn, ein Unternehmer und Spezialist für Backautomaten aus dem hessischen Großalmerode, versuchte im Auftrag der BI „Regionalgruppe Nördlicher Westerwald“ dem Publikum mit waghalsigen Statistiken und Beispielen klar zu machen, wie wenig die Windenergie zur Energieversorgung beiträgt. Phänomenal jedoch sein Glaube, dass die Zuhörer allesamt auf die Vermischung von Primär- und Nutzenergie in der Statistik reinfallen. Zumindest ein guter Teil der insgesamt 160 und nicht 250 Zuhörer (ich habe gezählt) haben dies erkannt und nicht blind geklatscht. Direkt nutzbaren Strom aus Windkraft mit den Primärenergieträgern „Rohkohle und Rohöl“ zu vergleichen, gehört eigentlich nach Münchhausen (liegt auch in Hessen). Es werden Äpfel mit Birnen verglichen und somit war die als Informationsveranstaltung deklarierte Veranstaltung auch schon eine Fälschung.
Einerseits beschimpft Herr Ahlborn pauschal alle Politiker und macht sich über diese lustig, weil die „Windkraft 0,0 bringt“ jedoch bereits ein Kapitel weiter wettert er darüber, dass die Auswirkungen der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien zur Abschaltung von Gaskraftwerken führt. Hier widerspricht er sich gewaltig. Denn man sollte wissen, dass zum Beispiel im ersten Halbjahr 2015 die erneuerbaren Energien bereits 34 % des Netto-Stromverbrauchs gedeckt haben. Man sollte auch wissen, dass Deutschland im letzten Jahr lediglich 5 % mehr Strom produziert hat, als verbraucht wurde und der mittlere Verkaufspreis ins Ausland höher lag, als der Rückkaufpreis, wenn wir mal zu wenig hatten. Somit wurde der überschüssige Strom auch nicht zur „Unzeit“ geliefert und musste damit auch nicht billig verramscht werden (bzw. es wurden unter dem Strich auch keine negativen Stromerlöse erzielt)
Unfassbar auch seine Aussagen zu den derzeit in Entwicklung stehenden Technologien wie „Power to Gas“. Die von ihm dargestellten Wirkungsgrade gehören der Vergangenheit an (vgl. Energiespeicher, Sterner/Stadler, 2014). Er spricht von 70 % Verlusten, die leider bei der von ihm befürworteten Kohleenergie kaum besser sind. Dumm nur, dass man mit Kohle das Klima schädigt und die Landschaft zerstört. Wind- und Sonnenenergie wird uns jeden Tag geschenkt und wir müssen diese Energieform nur ernten.
Irgendwie hat mich der Vortrag an Kaiser Wilhelm II erinnert. Unser ehemaliger Monarch war nämlich überzeugt, dass es sich bei der Nutzung des Automobils um eine vorübergehende Erscheinung handelt und es nicht ohne Pferde zur Fortbewegung geht.
Es ist schade, wenn sich ein Ingenieur damit aufhält, zu sagen was alles nicht geht, anstatt den Blick nach vorne zu richten und Zukunftstechnologien weiter zu entwickeln.
Die Krönung der Veranstaltung war natürlich die Aussage des Arztes als zweiten Referenten: „Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast!“ Nach den Dingen, die wir bis zu diesem Punkt bei der Veranstaltung gehört hatten, kann ich nur sagen: Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Seine Forderung in der Diskussion an mich: „Sie als Windkraftbetreiber müssen den Beweis führen, dass Infraschall nicht krank macht!“. Jetzt meine Frage: Wie soll man etwas beweisen, was nicht da ist? Umfangreichen internationalen Studien zufolge sind negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht plausibel (vgl. Health Canada, Wind Turbine Noise and Health Study, 2014). Auch in Deutschland hat es hierzu Untersuchungen gegeben, ohne Ergebnis mit dem Ergebnis, dass die festgestellten Pegel bereits bei niedrigen Entfernungen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen. Es gibt keine wissenschaftlich abgesicherte Studie, die zeigt, dass Infraschall auch unterhalb dieser Schwelle gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Klar ist: Wer fest dran glaubt, dass er von etwas krank wird, der wird auch krank. Sicher ist auch, dass der referierende Gynäkologe der BI-Siegtal auf der Heimfahrt in seinem Auto, jede Menge Infraschall verursacht hat und diesem ausgesetzt war. Ich würde jetzt mal sagen: „Beweisen Sie mir, dass Sie davon nicht krank geworden sind!“.
Schade, dass auf einem solchen Niveau in Nauroth „informiert“ wurde. Man sollte eine ehrliche Diskussion führen und Lösungsvorschläge bringen, wie denn die nachhaltige und ehrliche Energieversorgung funktionieren soll. Hierzu konnte man in Nauroth leider nichts zu hören.
(C) Langenbach, den 30.09.2015 – Markus Mann, Schulweg 8, 57520 Langenbach