Windleistungsprognosesystem des ISET wird zum Exportschlager

Anfang Juli ging das am ISET entwickelte Wind Power Management System (WPMS) auch beim britischen Netzbetreiber National Grid in Betrieb. Neben den vier deutschen Übertragungs-netzbetreibern E.ON Netz GmbH, Vattenfall Europe Transmission GmbH, RWE Transportnetz Strom GmbH sowie EnBW Transportnetze AG, bei der sich das System zurzeit im Aufbau befindet, nutzen bereits Elektrizitätsversorger in Österreich, Italien und Ägypten das System im operationellen Einsatz. Weitere Einsätze im Ausland sind für die nahe Zukunft geplant. „Damit sind wir in Europa der führende Anbieter für Windleistungsprognosesysteme“, stellt der Vorstandsvorsitzende des Kasseler Solarinstituts ISET, Prof. Jürgen Schmid, zufrieden fest. Mit dieser intelligenten Software unterstützt das ISET die Betreiber von Stromnetzen dabei, die wetterabhängig fluktuierende Windstromerzeugung präzise vorherzusagen und damit eine sichere Integration in die Energieversorgungssysteme zu ermöglichen.
Prognosesystem unterstützt Integration von erneuerbaren Energien
Ausgelöst durch den rasanten Ausbau der Windenergie in Deutschland wurde bereits Ende der neunziger Jahre in Zusammenarbeit mit Energieversorgern mit dem Aufbau eines Systems begonnen, das die Einspeisung von Strom aus Windenergieanlagen (WEA) bestimmt und für die nächsten 72 Stunden prognostiziert. „Schritt für Schritt wurde das System weiter entwickelt und so optimiert, dass heute ein ausgereiftes und flexibel einsetzbares Produkt zur Verfügung steht. Das System wird bei den nati-onalen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) zur Unterstützung des Netzbetriebs und zur Verminderung von Regelenergie, die zum Ausgleich der teils hohen Fluktuatio-nen der Windstromeinspeisung notwendig ist, eingesetzt. Durch den Einsatz und die kontinuierliche Verbesserung der Prognosen konnte der zu erwartende starke An-stieg der Regelenergie trotz des enormen Zubaus an WEA-Kapazität verhindert wer-den“, erklärt Dr. Bernhard Lange, Leiter Informations- und Prognosesysteme.
Großes Interesse im Ausland
Mit dem zunehmenden Ausbau der Windenergie in anderen Ländern wächst auch dort das Interesse an Prognosen für die Windstromerzeugung. Netzbetreiber stehen immer vor der gleichen Aufgabe, sie müssen für jeden Zeitpunkt sicherstellen, dass Kraftwerke genau die Strommenge erzeugen, die von den Kunden als Last aus dem Netz entnommen wird. Der Verlauf der Lastkurve ist anhand von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit relativ gut vorhersagbar. Die Energieversorger erstellen daraus Fahrpläne für Kraftwerke, die den erwarteten Bedarf decken sollen. Abweichun-gen zwischen Erzeugung und Last müssen kurzfristig durch den Einsatz von teurer Regelenergie ausgeglichen werden. „Die hochwertigen Prognosen tragen erheblich zu einer Verstetigung der fluktuierenden Energiequelle Wind bei“, sagt Dr. Kurt Roh-rig, Leiter des Bereichs Information und Energiewirtschaft und verantwortlich für die Windenergieprognosen.
Zukünftig weitere Herausforderungen und Einsatzmöglichkeiten
Das Prognosesystem, das auf dem Einsatz von künstlicher Intelligenz in Form von so genannten Künstlichen Neuronalen Netzen (KNN) beruht, bietet flexible, skalierbare Einsatzmöglichkeiten. Diese auf dem Computer nachgebildeten neuronalen Netze arbeiten im Prinzip wie das menschliche Gehirn und sind so in der Lage, Zusammen-hänge zwischen Wettersituationen und Stromeinspeisungen aus Windenergieanla-
gen zu erkennen. Trotz der jetzt schon sehr hohen Qualität der Windleistungsprog-nosen werden die Systeme kontinuierlich weiterentwickelt. Um die Prognosegenauigkeit zu verbessern, werden mathematische Modelle erstellt, die es ermöglichen, extreme Wettersituationen zu erkennen und so das Windstromaufkommen noch ge-nauer zu bestimmen.Pressemitteilung 25. August 2008Seite 2/2Das Prognosesystem wird als ein Softwarepaket beim Auftraggeber installiert und in die dortigen Informationsstrukturen integriert. Dabei wird das System auf die jeweili-gen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten. „Die Anpassung an die Strukturen von National Grid zeigt die Möglichkeit, das System schnell und flexibel in verschiedene Umgebungen zu integrieren“ bemerkt Projektleiter Reinhard Mackensen. Die Anwendung der Prognosesysteme bleibt dabei nicht auf eine Einschätzung der Einspei-sung zur Netzbetriebsführung beschränkt. Weitere am ISET entwickelte Systeme wie das Wind-Cluster-Management-System (WCM) oder das Regenerative Kombikraft-werk bündeln regenerative Energiequellen zu größeren Einheiten. Diese ermöglichen es, durch Vergleichmäßigung der Einspeisung erneuerbarer Energiequellen sowie einer Steuerung bestimmter Anteile, kraftwerksähnliche Eigenschaften zu erreichen. Für diese integrierten Lösungen werden ebenfalls qualitativ hochwertige Prognosen benötigt.

Der Erfolg des Prognosesystems unterstreicht die Kompetenz des ISET im Bereich der Windenergieforschung, weitere Anfragen aus dem Ausland liegen vor.
Das ISET
Das ISET befasst sich mit anwendungsorientierter Forschung für die Elektro- und Systemtechnik zur Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere der Photovoltaik, Wind-, Meeres- und Bioenergie. Mit rund 180 Wissenschaftlern, Angestellten und Studenten zählt das vor 20 Jahren in Kassel gegründete Institut zu den auf diesem Gebiet international führenden Forschungseinrichtungen. Neben einer Grund-finanzierung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst wird der Institutsetat in Höhe von rund 9 Mio. Euro überwiegend aus Projektmitteln und Aufträgen von Bund, Land, EU und der Industrie finanziert. Das Tätigkeitsfeld des Instituts erstreckt sich von der ingenieurwissenschaftlichen Grundlagenforschung über die anwendungsnahe ntwicklung von Verfahren und Geräten bis hin zu Normung, Bildung und wissenschaftlicher Beratung.

(PM, ISET, Kassel, 25.08.2008)

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